Wie alles anfing
Als ich nach den Sommerferien letzten Jahres eine Schulgarten AG bekam, hatte ich es mir zur Jahresaufgabe gemacht, den Schulteich zu verschönern. Gerade erst vor den Sommerferien wurde der umgekippte Teich in der Projektwoche von eifrigen Kollegen und Schülern entschlammt, geflickt und durch Belüftung revitalisiert. Ich stellte mir vor, den Teich mit fehlendem Wasser aufzufüllen und die hässliche, kahle Folie durch eine Bepflanzung des Ufers zu verdecken (Bild 1). Was erst so harmlos klang, entpuppte sich im Laufe der Monate zu einem Megaprojekt, da ich mit jeder Maßnahme der Büchse der Pandora näher kam, um sie im Frühjahr 2018 dann ganz zu öffnen und damit eine Komplettsanierung und Verkleinerung des Teiches in Gang setzte. Doch fangen wir von vorne an.
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Da der Teich gerade erst entschlammt war, machten wir uns Gedanken darüber, wie wir eine schnelle Wiederverschlammung vermeiden könnten. Dazu gehörte definitiv die Vermeidung des Laubeintrags in den Teich. Anfang Oktober konnten wir die Blätter noch von der Wasseroberfläche abkeschern (Bild 2), merkten aber bald, dass der Teich ungünstig lag und wir noch viele Blätter von der Pappel und der Stieleiche zu erwarten hatten, sehr viel mehr. Ein Kollege machte mich auf die Existenz von Laubschutznetzen aufmerksam, was wir mit großem Interesse aufnahmen. Kurzerhand beantragten wir den Kauf eines solchen Netzes beim Förderverein, was dieser auch einstimmig beschloss und dankenswerterweise bezahlte. Doch ein Netz zu besitzen und zu benutzen sind zwei unterschiedliche Dinge. Und hier machte sich ein zweiter Nachteil des Teiches bemerkbar: Er war nicht nur von vielen großen Laubbäumen umgeben, er war mit seinen 17m Länge auch sehr groß – zu groß für meine paar 7.Klässler in der AG und das Netz war zu schwer. Ich benötigte eine komplette Klasse starker 10.Klässler, um das Netz über den Teich zu ziehen, was nicht ganz ohne Nebenabenteuer von Statten ging: zu Beginn zogen wir versehentlich das Netz über einen im Wege stehenden Bienenstock und mit ihm gleich 50 verirrte Bienen samt Lehrer (beiden Parteien ist nichts passiert). Anschließend rutschte ein Schüler vom sehr schmalen Pfad ab direkt in den Teich und konnte nur mit großer Kraftanstrengung vor dem gänzlichen Hineinfallen bewahrt werden, aber ein Fuß war pitschnass. Zum Schluss musste ein anderer Schüler nach getaner Arbeit vor lauter Übermut ein Schattenboxen mit einer Biene veranstalten – die Biene gewann…
Doch Ende gut alles gut, das Netz war gespannt und wir konnten beruhigt in die Herbstferien gehen (Bild 3). Die Herbstferien waren sehr regenreich. Der Regen machte das Laub so schwer, dass es das Netz herunterdrückte und mit dem Teichwasser in Kontakt kam, was wir eigentlich verhindern wollten. Wir hatten nach den Herbstferien alle Hände voll zu tun, um das nasse, schwere Laub zu entfernen und das Netz nachzuspannen, was uns aber nicht ganz gelang (Bild 4). Nachdem alle Laubblätter von den Bäumen gefallen waren, holten wir Mitte Dezember das Netz wieder ein. Wir kamen uns vor wie Fischer, die ihren Fang einholten und erfuhren dabei, wie mühselig und schwer diese Arbeit ist (Bild 5).
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Der Winter fing sehr milde an und schlug dann mit seiner ganzen Grausamkeit zu: der harte Frost bei -12°C bescherte uns eine dicke Eisschicht auf dem Teich, die bis zu den Osterferien anhielt. Diese Eisschicht schlug gegen die Ränder der ungeschützten Teichfolie und verursachte ringsherum zahlreiche Risse. Ein weiteres Problem offenbarte sich mit der bis zum Teichrand brachliegenden Erde. Bei Tauwetter würde der Boden auftauen und in den Teich geschwemmt werden, was einen starken Nährstoffeintrag und Eutrophierung des Teiches mit starkem Algenwachstum und erneuter Verschlammung zur Folge hätte (Bild 6).
Wie konnten wir diese Missstände beheben und die drohenden Gefahren der Neuverschlammung beseitigen? Schließlich wollten wir nicht jedes Jahr den Teich entschlammen und eine Dauerbaustelle haben.
Zu Beginn der Osterferien scheute ich keine Mühen und Kosten und fuhr zu renommierten Teichbauspezialisten nach Ibbenbüren, um mich vor Ort beraten zu lassen. Meine Idee im Kopf war, mit geringstmöglichem Aufwand die Schäden zu reparieren und die Teichbepflanzung fertig zu bringen, um den Erdrutsch zu vermeiden. Die Expertenratschläge waren etwas tiefgreifender. Es wurde von Schutzmatten für die Folie gesprochen, das Anlegen einer Feuchtzone als Drainage rings um den Teich und von unterschiedlichen Zonen im Teichprofil. Der letzte Punkt behagte mir gar nicht, da ich unser Teichprofil nicht kannte und große Sanierungsmaßnahmen nicht vorhatte…
Gleich nach den Osterferien Anfang April pumpten wir drei Tage lang das Wasser aus dem Teich, um uns das Ausmaß der Schäden anzuschauen. Das Ergebnis war niederschmetternd und vernichtend, die Büchse der Pandora war geöffnet: der Teich war schon wieder etwas verschlammt, die großen Frostschäden in der Folie waren nicht zu übersehen und der Folienrand war beim Anfassen stellenweise so brüchig, dass man ihn unmöglich in die zu grabende Drainage hätte umbiegen können (Bild 7). Der Teich war nicht mehr zu reparieren! Aus und vorbei!

Ich muss gestehen, dass mich im ersten Moment der Mut verlassen hat und ich ziemlich kleingläubig war. Mir wurde schwarz vor den Augen. Wie sollte ich das alles mit meinen paar 7.Klässlern schaffen? Den Teich entschlammen, die komplette Folie entfernen, eine Drainage rings um den Teich graben, verschiedene Teichebenen anlegen und und und – unmöglich! Außerdem war die Instandhaltung und Pflege solch eines Riesenteiches nicht zu schaffen, das hatten die letzten Monate gezeigt. Mein erster Impuls war, das Loch zuzuschütten. Teich ade! Doch dann dachte ich an die viele Mühe, die die Kollegen und Schüler im letzten Schuljahr aufwendeten, um den Teich wieder aufzuwerten. Und ist ein Schulgarten mit Teich nicht eine enorme Bereicherung? Was lässt sich da nicht alles entdecken und erforschen?
Diese Überlegungen ermutigten mich und so machte ich mich nach kurzer Rücksprache mit meinem Kollegen an die Sanierung des Teiches.
Sanierung des Teiches
Die Große Herausforderung bestand darin, den Teich bis zu den Sommerferien komplett zu sanieren und wieder mit Wasser zu befüllen. Wir hätten nicht nach den Ferien weiterarbeiten können, da die Teichstufen während der Ferien erodiert wären und wir wieder von vorne hätten beginnen müssen. Zwölf Wochen, ein Wettlauf mit der Zeit…
Hatte ich schon vorher einmal einen Teich saniert? Nein. Wusste ich, wie man das macht? Bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Ich liebe Projekte und ich liebe Herausforderungen. Und besonders viel Spaß macht es, wenn man zusammen mit seinen Schülern die Lösung von Problemen entwickelt, die sich im Laufe des Prozesses ergeben und bei denen auch ich als Lehrer vorab nicht die Antwort wie ein allwissender Guru weiß…
Der erste Schritt bestand darin die Altlasten zu entsorgen, an Pflanzen und Tieren zu retten, was zu retten war und tote Wurzeln am Teichgrund zu entfernen (Bilder 8-14). Diese Tätigkeiten dauerten alleine schon 3-4 Wochen, zumal sich herausstellte, dass zwei alte Teichfolien übereinander lagen. Während dieser Zeit hatte ich genügend Vorlauf mich mit Hilfe der Arbeitsmappen der Teichspezialisten um das Knowhow des Teichbaus zu kümmern.
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Im Verlauf dieser Wochen wurde mir klar, dass der Teich verkleinert werden musste, um alle Arbeiten zu schaffen und eine ausreichende Pflege zu gewährleisten. Da der Teich in der Mitte eine Aufschüttung hatte, bot es sich an, diese zu nutzen und die Verkleinerung hier vorzunehmen. Außerdem entschieden wir uns, den vorderen Teil der beiden Kuhlen als zukünftigen Teich zu nutzen, da hier mehr Sonne einfällt (wichtig für spätere Unterwasserpflanzen) und auch weniger Laubfall von den umliegenden Bäumen kommt. Aus diesem Grunde konzentrierten wir uns vorwiegend um die Ausarbeitung am vorderen Teil.
Nachdem die Vorarbeiten erledigt waren, stellten wir durch Messungen zum umliegenden Gartengelände fest, dass die Tiefe des Teiches mit 1,40m zu tief war und nicht den Sicherheitsbestimmungen entsprach. Diese hätten maximal eine Tiefe von 1,30m gestattet. Je tiefer ein Teich, desto mehr Material benötigt man für die Profilerstellung und die Auskleidung des Teiches und desto kostenintensiver wird das Projekt. Um die Kosten drastisch zu senken und die lebenden Wurzeln nicht kappen zu müssen, entschieden wir uns für eine großzügigere Aufschüttung Anfang Mai. Der Teich hat jetzt eine Tiefe von 70cm, bei der der Teich auch im Winter nicht durchfriert und die Unterwasserpflanzen überleben können (Bild 15).

Der schwierigste Teil der Gestaltung des Teichprofils lag jetzt vor uns. Die Teichneigungen waren durch die 20 Jahre Wasserdruck so hart wie Sandstein geworden. Wir konnten weder Spaten noch Hacken benutzen, um die Ebenen zu modellieren. Deshalb mussten wir sie mit dazugekauftem Sand modellieren. Um auch hier Kosten zu sparen, mischten wir Erde unter, die wir durch das Ausheben des Teichgrabens und die umliegenden überschüssigen Erdhaufen erhielten. Wenn man die ganzen Feiertage abzieht, die in diesem Zeitraum lagen, so waren es bis zur Projektwoche genau sechs Wochen. Sechs Wochen, in denen das Teichprofil, der Damm und der Graben fertig sein mussten. Hinzu kamen noch die sehr heißen Tage mit zum Teil 35°C, die den Sand zu Zuckersand werden ließen und die Ebenen immer wieder drohten einzufallen und abzurutschen (Bilder 16-23). Es war mörderisch. Ich musste zusehen, dass die Schüler während dieser Zeit genügend Wasser zu sich nahmen und auch ausreichende Pausen machten. Die harte körperliche Arbeit waren die Schüler nicht gewöhnt. So hätte es leicht passieren können, dass sich manch ein Schüler im Übereifer verausgabt, Muskelzerrungen durch den ungewohnten Einsatz schwerer Geräte holt oder so starken Muskelkater bekommt, dass er beim nächsten Mal keine Lust mehr zu dem Projekt hätte. Aber all das ist glücklicherweise nicht passiert. Die Schüler waren vom ersten bis zum letzten Tag mit Feuereifer dabei. Es gab keine Verletzten.
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Ein Ding gibt das andere. Während einige Tätigkeiten parallel erledigt werden können, wie das Entsorgen der alten Teichfolie und Füllen von Sandsäcken für den späteren Gebrauch, während noch am Profil oder dem Damm gearbeitet wird, kann das Profil für die Berechnung des Folienmaßes und die Umfangmessung erst vorgenommen werden, wenn die Vorarbeiten fertig sind. Und so war es auch hier ein Wettlauf mit der Zeit, ob wir die Bestellung rechtzeitig würden aufgeben können und ob dann die Folien, Matten und Vliese rechtzeitig zur Projektwoche angeliefert würden (Bilder 24-29).
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Die heiße Phase der Projektwoche
Am Vorabend der Projektwoche waren wir mit unseren Vorarbeiten fertig (Bild 30) und die Teichfolien rechtzeitig geliefert.

In den nächsten drei Projekttagen arbeitete ich mit 30 Schülern plus einigen Schülern aus dem WAT-Bereich von morgens bis in den Nachmittag hinein vom Vorbereiten des Untergrundes über das Zurechtschneiden und Auslegen des Vlieses, der Teichfolie, der Ufermatte, der Beschichtung der einzelnen Zonen mit Sand bis hin zur Befüllung des Teiches mit Frischwasser. Am Abend des 28. Juni war der Teich komplett mit Wasser gefüllt und das Projekt Teichsanierung fürs Erste fertig (Bilder 30-40).
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Drei Tage nach Fertigstellung des Teiches wurden schon die ersten Bewohner und Anwohner gesichtet (Bild 41-43 und Film).
Die Bestückung mit Unterwasser- und Uferpflanzen wird erst nach den Sommerferien erfolgen, da das Wasser noch zu frisch ist, der aufgewirbelte Sand sich setzen und die Luftblasen aus dem Sand weichen müssen. Ebenso muss eine Bepflanzung des Teichgrabens erfolgen, doch das wird ein anderes Abenteuer sein…
Rückblick und Dank
Was klein und unscheinbar anfing, weitete sich zu einem Riesenprojekt aus. Ebenso war es mit den Schülern. Angefangen habe ich mit 10 AG-Schülern des 7. Jahrganges. Im Verlauf des Projekts wuchs auch die Zahl der Schüler. So kamen zunächst meine 7.Klässler aus der Biologie hinzu, dann meine Chemie-8.Klässler im Rahmen der UE Wasser, alle Klassen, die je bei mir Vertretung hatten, die Willkommensschüler der WKA I, als Gelegenheitshilfen meine 9.Klässler und als wesentliche Stütze in den letzten vier Wochen meine Chemie-10.Klässler im Rahmen der UE Kunststoffe. Meine 10.Klässler waren es auch, die als Kunststoffexperten die Auswahl der Teichfolie trafen, das Teichprofil ausmaßen, die Berechnungen des Folienmaßes vornahmen, auf deren Grundlage die Bestellungen erst erfolgen konnten und die die Projekttage rockten. Nicht zu vergessen sind auch der Trupp Jungen aus der 9. Klasse, die mir die Bude einrannten, um ja bei den Projekttagen dabei zu sein und die Jungs der 10. Klasse WAT und Sand und Erde transportierten, schippten, stampften was das Zeug hielt. Während der Projekttage versorgte uns die WKA I mit kulinarischen Köstlichkeiten.
Insgesamt arbeiteten ca. 150 Schüler der 7.-10. Klassen an diesem Projekt (mehr als 10% unserer gesamten Schülerschaft!). Es wurden 5m³ Sand (ca. 8t) bewegt und verbaut, 70m² Vlies, 104kg Teichfolie und 22m Teichmatte verlegt. Hinzu kommen noch unzählige Steine für den Uferwall. Die Kosten für dieses Unterfangen beliefen sich auf ca. 1700 Euro.

Allen Helfern und Spendern ein herzliches Dankeschön, ohne die dieses Projekt nicht hätte umgesetzt werden können.
Simone Müller-Kiehr
(Projektleitung)